Interpretation im Detail

Präsystolische Amplituden

Aufgrund der hohen Sensibilität ermöglicht HDO eine Amplitudenbeurteilung bereits im Bereich der sogenannten präsystolischen Amplituden. Mit Aufpumpen der Manschette über den systolischen Druck wird das darunterliegende Gefäß vollständig verschlossen. Dennoch werden mit jedem Herzschlag Pulswellen generiert, die nun auf das geschlossene Gefäß treffen. Dieser „Aufprall“ versetzt das komprimierte Gefäß mehr oder weniger stark in Schwingung. Die Stärke der Schwingung ist dabei abhängig von der arteriellen Compliance. Dies lässt sich physikalisch erklären: Die eintreffenden Pulswellen geben kinetische Energie ab. Je nach Elastizität des Gefäßes wird die Energie zu unterschiedlichen Anteilen in Bewegungsenergie, statische Energie und Wärme umgewandelt (Energieerhaltungssatz).

Gute arterielle Compliance

Ein gesundes, unbeeinträchtigtes Gefäß zeichnet sich durch eine gute Compliance aus. Damit führen eintreffende Pulswellen bei komplett verschlossenem Gefäß zu deutlichen, aber niedrigen Schwingungen.

Erniedrigte arterielle Compliance

Im Falle einer schlechten arteriellen Compliance (z. B. Vasokonstriktion infolge einer akuten RAAS Stimulierung oder Remodelling infolge eines chronisch hohen Angiotensin II und/oder Aldosteronspiegels bei chronischer Herz- oder Niereninsuffizienz) wird die eintreffende kinetische Energie überwiegend in Form von kinetischer Energie weitergegeben. Die präsystolischen Amplituden steigen deutlich an.

Erhöhte arterielle Compliance

Umgekehrt kann z. B. im Zustand des septischen Schocks eine massive Vasodilatation (Vasoplegie) zu einer erhöhten arteriellen Compliance führen, was in niedrigen präsystolischen Amplituden deutlich wird. In solchen Fällen dient die Beurteilung der präsystolischen Amplituden also sowohl der Diagnose als auch der Therapiekontrolle. Nur eine sofortige und adäquate Therapie kann hier Leben retten, wobei neben der antibiotischen Versorgung gerade die cardiovaskuläre Situation stabilisiert werden muss (septische Kardiomyopathie, capillary leaking und damit direkter Volumenverlust, NO bedingte Vasodilatation und damit schließlich hochgradige Hypotonie bei niedrigem Flow).

Arterielles Öffnungsverhalten

Mit abnehmendem Druck aus der Manschette kann sich das darunter liegende Gefäß langsam wieder öffnen, was zu den oben beschriebenen Fließeigenschaften führt. Dies wird in einem kontinuierlichen Anstieg bis zu einem Maximum (MAD) und anschließendem Abfall der Amplituden sichtbar. Erfolgt dieser Anstieg und Abfall kontinuierlich, also ohne gravierende Änderungen von Pulswelle zu Pulswelle, spricht man von einer stabilen Herzauswurfsituation . Beeinträchtigungen der Herzarbeit können zu einer veränderten Herzauswurfleistung führen, was visuell in Form von wechselnd hohen Amplituden erkennbar ist ( Abb. 7). Somit kann dies als Kriterium für eine stabile oder beeinträchtigte kardiale Situation herangezogen werden.